Warum ich mir stille Helden lauter wünsche - Tobias Pursche

Warum ich mir stille Helden lauter wünsche  …

Was glauben Sie, fehlt unserer Gemeinschaft? Was denken Sie, bringt unsere Gesellschaft weiter?

Wenn Sie mich fragen: Was uns allen wirklich gut tun würde, wäre mehr Glaubwürdigkeit. Und damit meine ich jetzt nicht weniger Fake News. Nein, ich denke dabei an die Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Deren Stimmen laut genug sind, so dass andere Menschen von ihnen beeinflusst werden. 

Das sind oft Stimmen, die ich mir sehr viel leiser wünschen würde: weil ich sie eben nicht für glaubwürdig halte. Weil sie mir viel zu glatt sind, zu wenig Ecken und Kanten haben, zu nichtssagend sind. Weil ich den Eindruck habe, es geht nur um Publicity, nur darum, im Rampenlicht zu stehen, bekannt zu werden, egal wofür. 

Was denken Sie, was unserer Gesellschaft guttun würde? Ich denke: zum Beispiel Menschen, denen gar nichts darin liegt, in der Öffentlichkeit zu stehen oder in einem größeren Rahmen gehört oder gesehen zu werden – stille Helden …

Helden, die in keinem Marvel-Drehbuch auftauchen

Immer mal wieder ist von stillen Helden die Rede. Womit dann Menschen gemeint sind, die Gutes tun, aber in aller Stille. Die dafür keine Anerkennung möchten. Superhelden also mit so viel Bescheidenheit, dass sie in keinem Marvel-Drehbuch auftauchen. 

Und in der Rede von den stillen Helden schwingt meist sehr viel Bewunderung mit. Weil sie einfach tun, was sie für richtig halten, ohne auf Beifall zu schielen. Weil sie eben so bescheiden sind, dass es ihnen egal ist, ob jemand anderes als die unmittelbar Betroffenen von ihren Taten erfährt.

Einen solchen stillen Helden habe ich erst letztens getroffen. Ein Mensch, der einen anderen Menschen gepflegt und bis zu seiner Beerdigung begleitet hat. Einen Mensch, der dabei nicht nur mit seinem persönlichen Schmerz umgehen musste, sondern sich an unserer Bürokratie aufrieb. Der seine eigene Existenz aufs Spiel setzen musste, um für einen anderen Menschen dazusein. Was er alles erzählen könnte: ,Was wichtig ist, um seine Würde zu behalten. Wer und was einem hier bei uns dabei Steine in den Weg wirft. Was gut bei uns ist und abgrundtief verkehrt …’ 

Aber er schweigt.

Helden, die wir brauchen

Und das eben finde ich schade: dass niemand von solchen Taten erfährt. Dass diese stillen Helden bei so vielen Menschen nie bekannt werden. 

Warum ich das schade finde? Weil wir in unserer Gesellschaft, in unserer Öffentlichkeit, die Stimmen solcher Menschen brauchen: Menschen mit Charakter – ohne Geltungsbedürfnis. Menschen, die bescheiden über ihr Tun, ihre Gedanken, ihre Werte schweigen, obwohl sie doch so viel zu sagen hätten. 

Menschen, die gerade deswegen so glaubwürdig sind, weil sie so sind, wie sie sind, weil sie tun, was sie tun – ohne auf eine Wirkung zu schielen.

Dafür möchte ich einen Beitrag liefern. Und neben meiner Arbeit in der Agentur halte ich dazu auch Vorträge in gesellschaftlich relevanten Vereinen und Clubs, wie z.B. Rotary oder Lions Clubs, eben auch deswegen, weil ich aus meiner persönlichen Geschichte weiß, dass ich dort vielen solcher glaubwürdigen Menschen begegnen kann. Menschen, die für die Gemeinschaft viel tun, ohne dafür Beifall zu erwarten. Und hier taucht oft dieser Punkt auf: „Ich bin doch keine Reklametafel – ich geh’ doch nicht mit meiner Meinung hausieren. Ich mach einfach, was ich mache! Basta!“

Und klar, das ist schon irgendwie paradox: Gerade die Menschen, die bedeutend sind, weil sie eben keine Wirkung wollen, sollten mehr Wirkung haben, um für uns alle noch bedeutsamer zu werden. Um Vorbilder zu sein. Um mit ihrer Glaubwürdigkeit die Atmosphäre, das Klima in unserer Gesellschaft zum Guten hin zu beeinflussen.

Eine Paradoxie, die mich als Mensch und als Kommunikationsprofi enorm reizt: Weil ich das für uns alle einfach wichtig finde, dass echt wertvolle Menschen und eben keine Selbstdarsteller in der Öffentlichkeit Gehör finden, damit es in unserer Gemeinschaft besser läuft. Weil ich weiß, dass und wie das geht, lauter zu kommunizieren, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Wie Sie auf die Wirkung achten können, ohne in der Werbung zu landen.

Tobias Pursche