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Warum Ihre Gliederung kein Inhaltsverzeichnis ist

Eine der größten Herausforderungen für Sie als Buchautor ist es, die schier endlose Fülle von Gedanken und Themen in Ihrem Kopf in eine sinnvolle Gliederung zu bringen. Die meisten lösen das Problem intuitiv so, indem sie alle potentiellen Inhalte ordnen und sortieren und in eine logische Reihenfolge bringen. Zugegeben: So entstehen respektable Inhaltsverzeichnisse – die aber Ihre Leser nicht zum Lesen animieren, sondern im Gegenteil abschrecken! Ein leserorientiert geschriebenes Buch braucht kein Inhaltsverzeichnis, sondern eine Gliederung, die Lust auf die Lektüre macht – und das ist etwas ganz anderes! Wenn Sie die entscheidenden Unterschiede zwischen Gliederung und Inhaltsverzeichnis kennen und die fünf Prinzipien einer leserorientierten Gliederung beachten, tappen Sie nicht in die Leser-Abschreckungs-Falle.

Erstes Rendezvous 

Wenn Sie ein Buch in die Hand nehmen oder bei Amazon hineinschauen, dann geht einer der ersten Blicke in das sogenannte Inhaltsverzeichnis. Dort finden Sie die Kapitel-Titel mit den Seitenzahlen, manchmal auch noch Titel der Unterkapitel. Was bei dieser ersten Begegnung zwischen Ihnen als potentiellem Leser und der Gliederung des Buches passiert, können Sie mit einem ersten Rendezvous eines potentiellen Liebespaares vergleichen. Sie wollen da einen Eindruck bekommen, wie der andere Mensch tickt, was für ein Typ er oder sie ist. Aber was Sie jetzt noch nicht wollen, sind ein detaillierter Lebenslauf, Zeugnisse, wesentliche politische Positionen oder gleich ein ausgefeiltes Psychogramm oder gar das komplett entschlüsselte Genom. Je weniger sich der andere schon in Einzelheiten und konkreten Informationen verliert und je mehr er Ihnen die Chance gibt, einen positiven Gesamteindruck zu bekommen, desto eher werden Sie ihn sympathisch finden. Oder anders gesagt: Bei der ersten Begegnung muss ein Mensch Sie gewinnen – überzeugen muss er Sie erst später!

So ist es auch beim Buch. Selbst wenn es im ersten Moment paradox klingt: Je mehr konkreten Inhalt Sie als Autor in das Inhaltsverzeichnis hineinpacken, desto weniger attraktiv machen Sie Ihr Buch für den Leser. Die Gliederung soll eine Visitenkarte des Buches sein, ein Abbild einer attraktiven Struktur, nicht der Inhalte. Die Gliederung soll neugierig machen und zum Lesen verlocken, sie soll mehr Fragen aufwerfen, die im Buch beantwortet werden, als schon Antworten vorwegnehmen – denn warum soll ich als Leser dann noch die Mühe der Lektüre auf mich nehmen? Eine Gliederung ist also weniger ein Informations- als ein Marketinginstrument. Sie macht Werbung für das Buch. Sie soll einen Leser gewinnen – ihn zu überzeugen, das ist dann die Aufgabe des eigentlichen Textes. Doch selbst dort steht das Überzeugen erst an zweiter Stelle.

Erlösung aus der Not

Es gibt nämlich noch einen zweiten, wichtigeren Grund dafür, dass eine Gliederung nicht inhaltsorientiert aufgebaut sein sollte. Nicht nur bei der ersten Begegnung, sondern auch bei der weiteren Lektüre kommt es mehr darauf an, den Leser emotional zu erreichen als rational. Denn ein Leser greift in den allerseltensten Fällen aus purem Informationsbedürfnis zu einem Ratgeber- oder Sachbuch. Sondern wegen einer bestimmten Problemlage oder Fragestellung, die ihm umtreibt, die ihn emotional belastet. Wenn er in der heutigen Zeit dann noch Zeit und Geld in ein Buch investiert, dann muss er bei dieser Emotion abgeholt werden. Und mit einer emotional aufgebauten Dramaturgie zu einer Problemlösung, einer Erkenntnis, einer These, einem Denkimpuls geführt werden – und damit zu einer Art Helden, der ihn aus seiner emotionalen Notlage erlöst. 

Die Erlösung schaffen Sie als Autor aber nicht, indem Sie dem Leser alle Inhalte ganz rational um die Ohren hauen. Sie wollen den Leser überzeugen, ja klar! Aber überzeugen können Sie ihn eben nicht auf rein rationalem, sondern nur auf emotionalem Wege. Entscheidend für den Erfolg Ihres Buches beim Leser ist nicht in erster Linie der Inhalt, sondern die emotionale Wirkung des Buches. Sie kennen das aus der Schule: Je trockener und abstrakter der Lernstoff war, desto schwerer war das Lernen. Bei einer spannenden Aufbereitung aber passierte das Lernen fast von selbst. 

Deswegen kommt es auch auf eine wirkungsorientierte Strategie an. Indem Sie Ihrem Buch eine Dramaturgie geben, die von der emotionalen Befindlichkeit des Lesers ausgeht und ihn dann mit emotionaler Leserführung Schritt für Schritt spannend, fesselnd, anrührend und begeisternd zum Ende führt und in ihm Überzeugung bewirkt.. Erst wenn Sie diese leserorientierte Dramaturgie gebaut haben, können Sie Ihre Inhalte dort einbauen. Erst die Wirkung – dann der Inhalt!

Fünf Prinzipien einer leserorientierten Gliederung:

  1. Betrachten Sie die Gliederung als Werbemittel für das Buch, nicht als Informationsmedium.
  2. Beantworten Sie mit Ihrer Gliederung nicht schon Fragen, sondern machen Sie neugierig, werfen Sie Fragen auf, die das Buch beantwortet.
  3. Erarbeiten Sie die Struktur Ihres Buches nicht aus den Inhalten, sondern aus Ihrem Blick auf die emotionale Ausgangsposition Ihrer Leser. 
  4. Versuchen Sie nicht, Ihre Leser rational zu überzeugen. Versuchen Sie stattdessen, sie emotional zu berühren und damit für Ihre Botschaften zu öffnen.
  5. Bauen Sie die Inhalte nach dramaturgischen, wirkungsorientierten Gesichtspunkten in Ihre Gliederung ein, nicht nach inhaltlicher Logik